Geschichte in Postkarten Teil 5

Unser Hafen - eine kleine Bilderreise durch das letzte Jahrhundert

Postkarten aus dem Bildarchiv von Klaus Tietjen · Text von Klaus Tietjen

Unsere Stadt Leer liegt an einer Flussschleife der Leda. Hier entwickelte sich einst der Flecken Leer vom Gebiet um die Kaakspütte hin zum Ufer der Leda, wo wir die heutige Altstadt finden.                   



Auf den hohen Sandrücken der Endmoränen war guter Boden zu finden, um Pack- und Wohnhäuser zu bauen und Kaianlagen abzurammen, damit Schiffe ihre Güter laden und löschen konnten.                                                 

So entwickelte sich der Hafen zunehmend, da auch die strategische Lage

des Hafens zwischen Leda und Ems dazu beitrug. 

Der Transport über See wie auch der Binnenschiffverkehr mit kleinen

Schiffen leistete einen positiven Beitrag in der Entwicklung.                                                                 

Der Ausbau des Schienennetzes von Rheine ausgehend über Leer nach Emden und weiter war in den Jahren 1853/56 ein Meilenstein für die aufstrebende Stadt und hat seine Wirkung bis zum heutigen Tag nicht eingebüßt. 1869 erfolgte die Ausdehnung des Schienennetzes nach Osten über Oldenburg nach Bremen. Dadurch entwickelte die Stadt Leer sich als Verkehrsknotenpunkt und das zog eine wirtschaftliche Blütezeit nach sich.                                                                                                                                                           1856 erfolgte die Einweihung des Leeraner Bahnhofgebäudes und der Bau des Georgdocks, einem neuen Verkehrszentrum als weiteren Impuls für die Transportwirtschaft. Durch den Bau des Zollhauses im Jahre 1862 entstand ein Zolllager für Waren aus Übersee, die hier eingelagert wurden. Dieses Gebäude ist heute ein Kulturzentrum für Veranstaltungen und in seinem historischen Baubestand erhalten geblieben.    

     

1885/86 wurde das „Kaiserliche Postamt“ in unmittelbarer Nähe erbaut.

Ein imposantes Gebäude preußischer Architektur, welches leider in den 1970er Jahren abgerissen wurde.   

1858/59 dann der Bau eines Dockhafens und der Dockschleuse 1860/61, um für diesen Hafenbereich eine Tideunabhängigkeit zu schaffen. Die Anlage war ein Vorläufer der späteren Seeschleuse am unteren Verlauf des Flusses der Ledaschleife.

Ab 1840 beschäftigte man sich mit einer verbesserten baulichen Nutzung des Hafens Leer.

1894 entwarf der damalige Wasserbauinspektor Duis eine Planung zum Bau einer Schleusenanlage, die nach langer Diskussion erst 1899 genehmigt wurde. Aber bereits am 15. Mai 1900 erfolgte der 1. Spatenstich. Eine enorme Leistung und eine mutige Entscheidung des damaligen Bürgermeisters Dieckmann nebst seinen Amtsträgern, hielt sich doch das preußische Kaiserreich mit finanzieller Unterstützung vornehm zurück!  Am 19. April 1903 wurde die damals einzige elektrisch betriebene Schleusenanlage Preußens für den Schiffsverkehr in Betrieb genommen. Am 21. September 1903 fand die Einweihung der neuen Hafenanlagen statt. Die Stadt Leer hatte nun einen tidefreien Hafen und die weitere Entwicklung der Hafenwirtschaft konnte sich entfalten.                                                                                                                        

Doch nicht nur wirtschaftliche Belange standen für dieses „Mammutprojekt“ der damaligen Kleinstadt im Vordergrund, sondern auch der Schutz vor Sturmfluten, die unsere Stadt im Laufe ihrer Geschichte

heimsuchten. 

Ein Auszug aus dem Leerer Anzeigeblatt (Vorläufer der heutigen Ostfriesen Zeitung) beschreibt die Sturmflut vom 27./28. Januar 1901 wie

folgt:

„Der Sturm tobte am gestrigen Nachmittage gegen 5 Uhr am heftigsten, Regen und Hagelschauer wechselten einander ab, erst gab es ein

Gewitter, der zum Orkan wurde, dann kam die Flut. Ems und Leda traten aus ihren Betten, es folgte ein Geheul. Wassermassen kamen heran, dicke Eisschollen trieben über den Pferdemarkt, durch die Neue Straße, durch die Kampstraße, durch die Königs- und Osterstraße. Es gab keine Mond- oder Straßenbeleuchtung.

Die Leute wurden zum Teil erst wach, als das Wasser um ihre Betten spülte. Die Nachtwächter hatten die Einwohner nicht geweckt. Die Leute stiegen auf ihre Dachböden. Der ganze Schleusenbau war vernichtet. Die Zerstörungen waren

fürchterlich. Der Ratskeller lief voll Wasser. Ein Teil des Bürgersteigs ist weggesackt. In Häusern am Pferdemarkt sind Fußdielen hochgeschwemmt, Möbel sind zertrümmert, Tiere sind ertrunken. Das Schiff „Heikelina“, welches bei Bingum vor Anker lag, sitzt hier vor der Chaussee vor dem Deichdurchgang… Überall sind Zerstörungen… Gaben erbeten“

Hier wird deutlich, welch große Not bei extremen Wetterlagen Stadt und Bevölkerung bedrohten und welch ein Segen des neuen Hochwasserschutzes durch den Bau der Seeschleuse.